τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Donnerstag, 28. Juni 2012

In der Metaphysik lesen (994a 12 – 994b 3)


Zu den sogenannten Transzendentalien finde ich eine Bemerkung bei Sloterdijk, derzufolge „die von den kritischen Geistern oft verspotteten Grundsätze der platonischen Ontologie: Alles Seiende ist gut, das Böse nur eine Abwesenheit des Guten – mit verschobener Bedeutung sich bewahrheiten. Der Bedeutungswandel betrifft den Übergang von der Natur zur Technik. Wo Platon das Naturgute im Auge hatte, meint das moderne Denken das Technikgute ....“.[1]

Alle Ursachenreihen haben ein erstes und ein letztes Glied und dazwischen die Mittelglieder; das erste Glied ist Ursache aller folgenden; die mittleren Glieder sind Ursachen der jeweils folgenden; das letzte Glied ist Ursache von keinem. Gibt es kein erstes Glied, so gibt es gar keine Ursache. Auch in der Richtung zum Verursachten kann die Reihe nicht unendlich sein: sie muß bei einem letzten Glied ankommen. Hat Aristoteles bisher die Verursachungsreihe vom Vollkommenen zum weniger Vollkommenen gehen lassen, so kommt er nun auf eine genau entgegengesetzte Reihenfolge zu sprechen: die vom Unvollkommenen zum Vollkommenen; Beispiele: vom Knaben zum Mann, vom Schüler zum Gelehrten. Die beiden Reihen schließen sich nicht aus, sie haben allerdings einen jeweils ganz anderen „Sinn“. Wenn aus dem Knaben ein Mann wird, so geht dabei der Knabe unter. Der Knabe ist dabei die Materialursache und es bedarf bei diesem Werden wohl auch einer vollkommenen Ursache – und das ist immer noch der Mann, der als Vater am Anfang stand; Vater als Beweg- und Formursache. Auch dieses Werden geht vom Vorher zum Nachher und ist dennoch ein Entstehen „aus“ und nicht bloß ein Entstehen „nach“ (wie etwa der Brauch, daß Pfingsten nach Ostern stattfindet (um ein etwas neueres Beispiel zu nehmen)).

Walter Seitter




[1] Peter Sloterdijk: Das Menschentreibhaus. Stichworte zur historischen und prophetischen Anthropologie (Weimar 2001): 75.

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